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Geschichten vom Abschied

Abgrund eines Mädchens

Ohne einen Plan wohin sie gehen sollte schlenderte Miriam durch den Wald. Sie konnte nicht mehr klar denken. Hoffentlich sah sie hier keiner. Schließlich hockte sie sich hinter einen Baum holte ihr Besteck raus und suchte nach einer freien Stelle. Schließlich setzte sie die Spritze an und drückte sich erneuert eine Ladung rein. Einen Moment drohte sie zusammen zu brechen. Doch dann rappelte sie sich wieder auf und bemühte sich einen Schritt nach dem anderen zu setzten. So lief sie weiter und weiter.
Sie spürte die Erschöpfung in ihren Knochen nicht. Sie ging den Berg weiter hinauf, an den Tausenden von Bäumen vorbei. Dann blieb Miriam plötzlich stehen. Vor ihr der endlos in die Tiefe gehende Abgrund.
Das Mädchen setzte sich und nahm vor lauter Verzweiflung einen kräftigen Schluck aus der Whiskey-Flasche. Sie zitterte am ganzen Körper, doch sie wollte nur noch weg. So legte sie sich auf den Rücken, starrte in den Himmel und dachte nach. Nur einmal wollte die 14-Jährige wissen, wie es ist zu fliegen und nach dem Aufprall dann den Tunnel zu sehen, wie die Bilder ihres Lebens durch das Dunkle an ihr vorbei flogen. Zu fühlen wie man dahin schwebt und der Geist von einem weicht.
Endlich nicht mehr dieser schreckliche Druck der immer auf ihr lastet.
Ihr ganzer Kopf war von Schmerz erfüllt. Also holte sie ihr Taschenmesser raus, klappte es auf und setzte es an ihrem Arm an. Noch einmal wollte sie sehen, wie das Blut über ihren Arm floss und seine Spuren bildete. Dann setzte sie an und ritze eine lange Linie in ihren Arm. Schon schoss das Blut aus der Wunde. Es lief über ihren ganzen Arm und tropfte auf ihre Hose. Für Miriam war das nichts neues. Sie liebte es, wenn diese rote Flüssigkeit aus ihr heraus trat und ihr zeigte, dass sie noch lebte.
Viele Gedanken häuften sich in ihrem Kopf. Bald, bald würde die Erlösung endlich da sein. Miriam wollte schreien, doch sie brachte nur seltsame Laute aus sich heraus. Alles um sie herum drehte sich.
Sie holte den Papiervogel aus ihrer Hosentasche, den ihr Bruder ihr einmal als Erinnerung geschenkt hatte, guckte ihn noch einmal kurz an und warf ihn dann die Klippe hinunter. Sehnsüchtig gucke sie dem Papierstück hinterher.
Schnell trank sie den Rest aus der Flasche und warf sie weg. Das Mädchen stellte sich an den Rand des Abgrundes, breitete ihre Arme weit aus und holte noch einmal tief Luft. Plötzlich hörte man einen lauten Schrei hinter Miriam: "NEEEEEEEEEEEEIN"!! Doch da war es schon zu spät. Miriam war bereits auf dem weg ins Ungewisse.

 

Der letzte Tag im Leben vo Sara

Es ist früher Morgen. Die Sonne ist soeben aufgegangen. Langsam schlägt Sara die Augen auf. Sie hebt mühsam ihren Kopf und blickt auf die Uhr. Es ist erst halb sechs. Sie lässt den Kopf zurück sinken und schliesst die Augen. Weiter schlafen kann sie nicht mehr. Aber sie will dem fröhlichen Gezwitscher der Vögel lauschen. Noch ahnt sie nicht, dass sie, sie zum letzten mal hört. Sara liegt still da und denkt nach über ihr Leben und ihre Krankheit. Sara ist seit ihrer Geburt aidskrank. Sie war einigermassen damit zurecht gekommen. Auch wenn sie sich manchmal gewünscht hatte, diese blöde Krankheit nicht zu haben. Zwar hatte sie eine normale Schule besucht, aber die anderen Kinder hatten immer Abstand zu ihr gehalten. Darüber war Sara sehr traurig gewesen. Denn schliesslich war sie ein normaler Mensch mit zwei Händen und zwei Füssen. Dann aber hatte ein Mädchen aus der Klasse, sie hiess Rahel, sie in einen Treff eingeladen, wo junge Menschen aus der Bibel lasen und dann das Gelesene besprachen. Sara hatte sich sehr gefreut und war hingegangen. Dort hatten sie alle ganz normal behandelt. Das hatte Sara sehr gut gefallen und sie war immer wieder hingegangen. Dadurch waren sie und Rahel sehr gute Freundinnen geworden. Aber seit 2 Monaten geht es Sara immer schlechter und sie hat nicht mehr die Kraft, in den Treff zu gehen. Dafür besucht Rahel sie zweimal in der Woche und erzählt ihr, was sie im Treff besprochen haben. Einmal, Sara erinnert sich noch genau daran, hat Rahel sie gefragt, Sara, möchtest du dein Leben nicht Gott übergeben? Was passiert mit mir, wenn ich das mache, hatte Sara gefragt. Wenn du einmal stirbst, dann kommst du in den Himmel und ausserdem ist es super mit Gott zu leben, antwortete Rahel. Sie bemerkte, wie Sara zögerte und fragte nach dem Grund. Weißt du, sagte diese du, glaubst doch, dass Gott den Menschen gemacht hat? Rahel nickte. Hat Gott dann auch diese Krankheit gemacht? Rahel zuckte mit den Schultern. Sie spürte, dass das Gespräch wohl etwas schwierig werden würde. Du sagst, Gott liebt uns Menschen. Schön und gut, aber warum habe ich dann diese Krankheit? Liebt mich Gott denn nicht? Rahel dachte nach. Dann antwortete sie langsam. Ich weiss nicht, weshalb er zulässt, dass du diese Krankheit hast. Aber ich weiss, dass er dich liebt. Sara muss jetzt an diese Worte denken. Was ist, wenn sie heute stirbt und ihr Leben Gott nicht übergeben hat. Aber sie will doch nicht sterben. Sie will leben. Sara weiss genau, dass sie sich nichts vorzumachen braucht. Auch wenn andere das tun. Sie weiss, dass es sehr schlecht um sie steht. Über Mittag ruft sie Rahel an und bittet diese nach der Schule zu ihr zu kommen. Am Nachmittag geht es Sara sehr schlecht. Und gegen Abend bekommt sie einen Anfall. Da niemand zu Hause ist, kann sie niemanden rufen und ihr wird klar, dass sie sterben muss. Als Rahel kommt, liegt Sara schwach im Bett. Sie sieht Saras Zustand und will einen Arzt rufen. Doch Sara will es nicht. Sie deutet Rahel, sich zu setzen. Dann sagt sie: Rahel hör mir jetzt gut zu. Das sprechen kostet sie viel Kraft und sie spricht ganz leise. Ich weiss, dass ich jetzt sterben muss. Ich habe in meinem Leben 14 Jahre lang gekämpft. Und ich weiss, dass ich heute diesen Kampf verloren habe. Aber ich weiss auch, dass ich etwas viel Wertvolleres gewonnen habe. Sara wirft einen letzten Blick auf Rahel. Dann schliesst sie die Augen - für immer. Rahel kniet weinend an ihrem Bett nieder. Warum musste dieser Mensch, den sie gern hatte sterben? Sie versteht es nicht. Auf einmal spürt Rahel unter der Bettdecke etwas Hartes. Sie zieht eine aufgeschlagene Bibel hervor, steht auf und geht ans Fenster um das Geschriebene besser lesen zu können. Da steht: Nicht mehr untergehen wird deine Sonne, noch abnehmen dein Mond, denn der Herr wird dir zum ewigen Licht sein. Und die Tage deiner Trauer werden ein Ende haben. Rahel wischt sich die Tränen ab und starrt aus dem Fenster. Draussen geht die Sonne unter. Doch sie nimmt es kaum wahr. Sie starrt einfach hinaus und denkt: Jetzt hat Sara also in die andere Welt abgehoben. Und so steht sie da und starrt auf die untergehende Sonne. Und sie steht auch noch da und starrt hinaus, als diese wieder aufgeht. Genauso, wie die Sonne es gestern getan hat und wie sie es morgen auch wieder tun wird. Nur dass ein Mensch sie nicht mehr auf- und untergehen sehen wird.