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Mystery

MYSTERY GESCHICHTEN

Mysteriöse Nachrichten eines Clowns

Er stand schon lange da. Zu lange. Er könnte schon längst Zuhause sein, im trockenen, und alle Vorbereitungen für ein gemütliches Wochenende vorbereiten wärend sie das machte, was ihm am meisten gefiel - ihn in Ruhe lassen. Aber nein. Nicht jetzt. Nicht heute.
Genau jetzt in diesem Moment verbrachte Frank die Zeit damit, im strömenden Regen vor dem schwachbeleuchteten Schaufenster eines Juweliers sein Gewicht im Minutentakt von einen ins andere Bein zu verlagern. Genau hier uns jetzt, wo sie ihn schon vor vierzig Minuten hätte abholen sollen.
Du bist aber auch für wirklich alles zu blöde! Blöde, blöde, blöde!!! Er nahm noch einen Zug und schnippte den Zigarettenfilter zwischen Daumen und Zeigefinger meterweit von sich weg. Der Regen wurde stärker, und die Markise des Juweliers gab den Kampf gegen ihn nach und nach auf und ließ zu das die trockenen Flastersteine, auf denen Frank stand, sich mit dunklen Flecken bedeckte. Frank schüttelte sich, zog seinen Schal fester und knöpfte den Mantel bis oben zu. Fünzig Minuten. Frank war mitlerweile durchnässt und verspürte dieses unangenehme ziehende Gefühl im Unterleib, als ob sich das Wort Dringend in Fettschrift durch seine Harnröhre bis zur Penisspitze zwängte, um dort umzukehren und mit doppelter Geschwindigkeit den selben Weg wieder zu nehmen.
Er biss die Backenzähne zusammen und ließ seine Wangenknochen wackeln, was er immer tat, kurz bevor er Ausrastete. Ein Zeichen, dass Silvia damals zu spät als Wahrnung erkannt hatte. Damals schlug er sie fast ohnmächtig, als sie versuchte sein eingelaufenes Versace-Hemd mit einen Kuss wieder gut zu machen. Kurz bevor ihre Lippen zu einem Kuss ansetzen schlug er sie gegen die Wand, ohrfeigte sie bis ihre Unterlippe aufplatze und stoß ihr zum Abschluss mit der Flachen Hand gegen die Stirn. Sie sackte heulend zusammen. Tränen und Blut vermischten sich, dessen Tropfen ihr weißes T-Shirt mit rosafarbenen Punkten verzierten. Er genoß es sie so zu sehen. Der Anblick, sie hilflos weinend am Boden zu sehen, die Arme um die Knie verschränkt wie ein kleines Kind. Es machte ihn geil.
Sechzig Minuten. Frank tappelte auf und ab und hob bei jedem Wagen der vorbeifuhr den Kopf, in der Hoffnung ihren kleinen roten Mazda zu sehen. Und ... da kam er. Die Scheinwerfer schimmerten durch den Regen wie ein von Nebel umschleiertes Feuer auf einem Berg: die Schreibenwischer kämpften unermüdlich gegen die Regentropfen wie eine Mutter gegen die Behauptungen, ihr Kind sei dumm und zurückgeblieben.
Frank rieb sich die Hände, die vor Kälte anfingen zu schmerzen und trat an die Beifahrertür. Silvia lehnte sich über den Beifahrersitz um ihn die Tür zu öffnen. Frank stieg ein, zog die Beifahrertüre zu und starrte mit behbenden Wangenknochen auf das Amaturenbrett.
Er wollte gerade den Mund aufmachen um ihr eine Standpauke zu halten, doch sie war schneller: >>Er hat wieder angerufen.<<, sagte sie, ihre Augen so ausdruckslos wie die eines Totenschädels.
Frank zuckte mit den Kopf in ihrer Richtung, seine Wangenknochen hörten abrupt auf zu wackeln. Er glotze sie an als wäre sie der Teufel in Person.

Diese Leute haben etwas unangenehmes an sich, dachte Günther Dietmair. Sie stellten zuviele Fragen.
Silvia schüttelte ungläubig mit dem Kopf. >>Und dieser Herr Klaasen, der nur eine Nacht in diesem Haus verbrachte und es am nächsten Morgen fluchtartig wieder verließ, was war mit dem?<<
Dietmair lehnte sich in seinem Rohlstuhl zurück, verschränkte seine Hände ineinander und formte seine Lippen zu einem fleischigen Knoten der Überlegung. >>Ein Spinner.<< sagte er schließlich. Er bäugte sich nach vorn und senkte die Stimme.
>>Hören Sie<<, sagte er. >>Lassen Sie sich keinen Blödsinn erzählen. Sie sind noch relativ neu hier, und wenn auch nur ein Funken von dem, was die Leute über Ihr Haus erzählen, war ist. So hätte ich dies doch als erster mitbekommen, oder was meinen Sie. Ich meine, überlegen Sie doch mal!<< Er schaute Frank und Silvia an als wären sie schwer von Begriff. >>Noch einen Kaffee?<< sagte er in einer Tonlage als wäre das Thema erledigt und schaute abwechselnt zu Frank und Silvia, die beide den Kopf schüttelten.
>>Gut. Sonst noch Fragen?<<
Frank und Silvia tauschten die Blicke. >>Nein<<, sagte Frank und erhob sich von der Ledercouch. >>Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit genommen haben -<< Dietmair winkte ab. >>Null Problemo<<, sagte er, betätigte den Hebel an seinem Rollstuhl und ließ sich zu Frank rollen, wo er ihm die Hand reichte. Anschließend nahm er Silvias Hand und hielt sie mit beiden Händen fest. >>Die Leute hier erfinden häufig die mysteriösesten Geschichten, um dieses Dorf etwas interessanter zu gestalten. Alles Quatsch. Hören Sie nicht darauf.<<
Er ließ ihre Hände los und begleitete die Beiden zur Türe. >>Adios<<, sagte er froh, diese zwei Spinner endlich los zu sein.

Es war kühl beim täglichen Gang zur Garage. Ein Zeichen, dass der Herbst unaufhaltsam im Anmarsch war, da selbst der Kalender dieses jährliche Ereignis pries. Frank stieg in den Wagen und fuhr die Einfahrt rückwärts hinaus. Er liebte es, am Morgen der Erste zu sein der durch die dichten Nebelschwaden fuhr, die sich vom Boden abhoben. Es gab Momente, da passte einfach alles zusammen. Frank fuhr einen langen Feldweg entlang Richtung Eigenthal, an dessen Seiten blattlose Bäume gen Himmel ragten. Im Radio gab gerade Steve Miller sein Rock 'N Me zum besten und Frank öffnete das Fenster einen Spalt, um den frischen Morgenduft ins Auto zu lassen.
Und da ertönte sie wieder. Diese Stimme. Frank trat reflexartig auf die Bremse und machte eine Vollbremsung. Ich weiss das du sie schlägst, Frank. Und ich weiss von deiner heimlischen Krankheit, Frank. Ja, Frank, ich weiss sogar dass du sie nur zur Hälfte liebst weil sie keine Kinder bekommen kann, die du dir so sehr wünschst FRANK! Deswegen schlägst du sie doch, nicht war Frank! Ich weiss alles! Tätä, tätä, tätäääää!!! Die Stimme verstummte und Steve Miller sang gerade die letze Zeile seines Rock 'N Me. Frank schaltete ab. Er starrte über die Motorhaube die Strasse entlang, das Steuer mit beiden Händen fest im Griff. Wie jemand, der gerade seinen Führerschein gemacht und mit Papa's Mercedes einen Crasch gebaut hatte. Er dachte kurz daran, wieder nach Hause zu fahren und Silvia bescheit zu sagen, dass Sie sich wieder gemeldet hatte. Sie. Die Stimme. Aber nein. Sie würde bestimmt wieder in Panik geraten und ihn versuchen wollen zu überreden, aus diesem Ort endlich wegzuziehen. Hier in Ittenrath, wo die Stimme angefangen hat sie zu belästigen. Hier in diesem Dorf, in dem man auf eine Wand des schweigens stieß, sobald Fragen zu dieser Stimme gestellt wurden.
Frank ließ das Radio wärend der weiteren Fahrt ausgeschaltet. Er ging das Gespräch mit Herrn Dietmair von gestern Abend nocheinmal durch. Es war Silvias Idee zu ihm zu gehen. Der alte Mann wohnt bestimmt schon sehr lange hier weiß vielleicht mehr! Frank nun komm schon, immer muss ich das machen, was du willst, also tu mir jetzt bitte den einen Gefallen und komm mit! Frank!
Und schließlich gab er nach, obwohl er wusste das die Idee bescheuert gewesen war. Nachher denkt der alte noch, wir seien paranoide Spinner Silvy!
Er dachte an Dietmair, wie er in die Küche fuhr und mit einer Kanne Kaffee wieder zurück kam. Sein Rollstuhl war so langsam, dass er im Grunde gleich zu Fuß hätte gehen können, dachte Frank. Sehen Sie, dieses Haus, in dem Sie Wohnen, ist sehr alt. Es wurde siebzehnhundert und dreizehn von einem Graf namens Richard von Hohenfels erbaut. Übrigens ein sehr mysteriöser Kauz. Er war nahezu besessen von allem, was sich mit schwarzer Magie beschäftigte und soll sich sogar Voodoo-Zauberer ins Haus geholt haben. Naja, und jetzt meinen die Leute halt irgendwelche Horrorgeschichten über das Haus zu verbreiten. Ich bin sicher, diese Stimme, von der Sie reden, existiert nur in Ihrer Fantasie - ohne Ihnen zu nahe tretten zu wollen.
Frank war sich sicher, dass dieser Mann etwas zu verbergen hatte. Er wusste irgendetwas.

Obwohl sie es sich inzwischen leisten konnten, nicht unbedingt auf die Preise zu achten (Franks Antiquitätenhandel verzeichnete in den letzen sechs Monaten einen Überschuss von dreizig Prozent) blieb Silvia weiterhin Stammkunde der Lebensmitteldiscounter. Frank war immer wieder verblüfft, wie sie aus den billigsten Produkten das köstlichste Abendessen der Welt zauberte, obwohl er Fertiggerichte vor einem aufwendig zubereiteten Essen vorzog. Silvia konnte sich nicht entscheiden.
Obwohl Frank sich an diesem Abend einen Nudelauflauf gewünscht hatte, wollte sie ihn mit einem Chilitopf überraschen. Ein Gericht, das bei ihnen schon längst in Vergessenheit geraten war. Doch plötzlich war ihr alles scheissegal. Sie stand wie angewurzelt vor dem Regal, ihre Augen weiteten sich wie zwei Platte Autoreifen die plötzlich mit Luft vollgepumpt wurden und ihre langen Beine machten den Eindruck, als würden sie jeden Augenblick zusammenbrechen wie das World Trade Center.
Achtung, eine wichtige Kundendurchsage für Silvia Brandovic! Frank hatte einen schweren Verkehrsunfall und erlag noch am Unfallsort seinen Verletzungen. Frau Brandovic wird daher gebeten, ihre Einkäufe so schnell wie möglich zu bezahlen um anschließend die schwer zugerichtete Leiche zu indentifizieren.
Silvia stand kurz vor einem Ohnmachtsanfall. Ihre schlimmste Vorstellung ist war geworden - dass, wovor sie sich immer gefürchtet hatte. Oder etwa doch nicht?
Ein eckelhaftes Lachen ertönte durch die Lautsprecher des Supermarkts. >>Verarscht<<, sagte die Stimme und lachte wie ein Kobold nachdem er seine Opfer getriezt hatte. Silvia schloss die Augen, senkte den Kopf und brach in Tränen aus. Die dummen Blicke der umherstehenden Kunden, die anscheinend nichts von der Durchsage mitbekamen, bemerkte sie gar nicht.

Nach langem Suchen hatten sie endlich jemanden gefunden. Jemand, der diese Stimme auch hörte, oder zumindest jemanden kannte, der sie gehört hatte. Erst als Frank die Türe öffnete stellte sich heraus, das dieser jemand eine ältere Frau war. Hedwig Rosenfeld streifte ihre schwarzen Lederhandschuhe von ihren Händen und reichte Frank eine athroseerkrankte Hand. >>Guten Tag<<, sagte sie und ihr Grinsen offenbarte ihre flaschen Zähne. Frank schätzte sie zwischen fünfundachzig Jahre oder älter. Rosenfeld betrat das Haus und studierte die Räumlichkeiten. Obwohl ihre Brille fest auf der Nase saß, hielt sie den Bügel zwischen Daumen und Zeigefinger und führte die Gläser in die Richtungen, die ihre Augen einschlugen. >>Hmm ... interessant ... oh ja ... gut gut ...<< Sie tat so, als würde sie auf einer Bilderausstellung ein Original van Gogh begutachten. >>Also ich muss sagen, sie haben dieses Haus wirklich wunderbar hergerichtet, Herr Brandovic - Hut ab!<<
Silvia war erleichtert. Die alte Frau schien wirklich mehr über diese mysteriöse Stimme zu wissen als sie erwartet hatten.
>>Ich bin so froh, dass wir nicht die einzigen sind, die diese Stimme hören, Frau Rosenfeld<<, sagte Silvia und die Erleichterung stand ihr ins Gesicht geschrieben wie jemand der gerade von der Toilette kam. Erfreut über das Interesse lehnte sich Rosenfeld zurück und faltete die Hände über den Bauch, froh, ein offenes Ohr gefunden zu haben. >>Jupp, das kann ich nachvollziehen. Wissen Sie, als mein guter Edelbert -<<, sie machte eine kurze Pause und schaute zur Denke. >>Als er mir von dieser Stimme erzählte dachte ich zuerst, er würde nun entgültig senil werden. Natürlich glaubte ich ihm nicht. Eines Tages kam er völlig zerstreut nach Hause und wäre fast in Ohnmacht gefallen als er sah, dass ich noch lebte.<<
Silvia schreckte hoch. >>Siehst du Frank, genau wie bei mir!<<
Rosenfeld zündete sich trotz ihres hohen Alters bedenkenlos eine Zigarette an und fuhr fort: >>Nun, der ganze Spuk hielt über ein Jahr an. Und angefangen hat es hier. Hier, in Ittenrath.<<
>>Woody meldete sich zu Anfang -<<
>>Woody, war das Ihr Mann?<<
>>Ne, der hieß Edelbert. Woody heißt die Stimme. Die Stimme heißt Woody.<< Rosenfeld starrte die beiden an als hätten sie sich plötzlich in zwei ihrer Doppelgänger verwandelt. >>Sagen Sie bloß, sie wussten das nicht?<<
>>Nein. Wussten wir nicht!<<
Die alte Frau nahm einen genüßlichen Zug von ihrer Zigarette und stieß den Rauch anschließend zur Decke, den Mund zu einem O verformt. >>Jedenfalls<<, sagte sie >>Woody meldete sich am Anfang stets per Telefon, sagte mein Mann damals. Ich hab das Telefon aber nie leuten gehört, nie! Tja, ich dachte weiterhin das Edelbert senil wurde und fing an, mir sorgen zu machen. Bis er eines morgens besonders früh zur Arbeit musste.<< Sie legte eine Pause ein und streckte ihren Zeigefinger kurz in die Höhe, als wäre dass, wass sie jetzt sagen würde das Interessanteste der Welt. >>So. Ich machte mich nichtsahnend an die tägliche Hausarbeit und stellte eines meiner besonderen Rezepte zusammen. Als plötzlich der Briefbote klingelte.<<
Frank und Silvia lehnten sich interessiert nach vorne.
>>Nun gut, ich nahm ein absenderloses Einschreibepäckchen entgegen und öffnete es. Soweit, so gut. Es befand sich eine selbstbespielte Kassette im Päckchen.<<
Silvia hob die Augenbrauen und nickte, als wäre bei ihr der Groschen gefallen.
>>Ich bin sicher, Sie können sich denken, was auf der Kassette war. Woody der Clown.<<
>>Woody ist ein Clown?<< Frank war verblüfft und Silvia zischte ihm entgegen, damit er den Mund hielt. Sie hatte die Hände ineinander verschränkt und stützte ihr Gesicht auf ihre zwei Daumen.
>>Bingo! Aber passen Sie auf, es geht noch weiter.<< Rosenfeld lehnte sich nach vorne und senkte die Stimme, als ob sie befürchtete belaucht werden zu können. >>Ich dachte, ich höre nicht recht, denn dieser Kauz wurde ziemlich frech. Zum Beispiel bezeichnete er mich als blöde Sau. Dann erzählte er mir Dinge, von denen nur ich selbst wusste. Er erzählte mir von den alten Dietmair<<, sie nickte mit dem Kinn Richtung Wand. >>Er erzählte, dass dieses kurze Zwinkern damals auf der Schulparty wirklich ein Zeichen war, dass ich mir nicht nur eingebildet hätte, und er machte sich darüber lustig, dass ich mich nie getraut habe ihn anzusprechen.<<
>>Und wie gings weiter?<<
>>Tja, Edelbert und ich bekamen weiterhin Anrufe, Kassetten und so weiter ... bis wir irgendwann herausgefunden haben, wieso uns dieser Clown überhaupt belästigte.<<
Rosenfeld genoß die neugierigen Blicke ihrer Gesprächspartner und zündete sich eine weitere Zigarette an, um die Fortsetzung ihrer Geschichte hinauszuzögern.
>>Tja, es ist im Grunde ganz einfach. Woody erzählt uns ausschließlich von unseren tiefsten Ängsten, Phobien, Wahnvorstellungen, Irrtümern und was weiss ich alles. Ich kann Ihnen sagen, dass er Edelbert und mich schon oft in den Wahnsinn getrieben hatte. Das können Sie mir glauben. Doch wir spürten irgendwann die Erleichterung. Unsere Ängste und Schuldgefühle bezüglich unserer verstorbenen Tochter waren wie weggeblasen. Verstehen Sie?<<
Frank und Silvia glotzen sie an, als hätte sie ihnen gerade die Telefonnummer von Gott gegeben.
>>Verstehen Sie, wir haben gelernt uns mit unseren Ängsten abzufinden, mit den alltäglichen Gedanken, die uns als Horror erscheinen.<< Sie klopfte mir ihren Zeigefinger auf den Tisch, um jedes Wort zu unterstreichen. Anschließend erhob sie sich und streifte ihre Handschuhe über die Hände, bäugte sich zu Frank und Silvia hinunter und sagte: >>Und Horror ist genau das, womit wir uns nie abgefunden haben.<<
Ohne sie auch nur eines weiteren Blickes zu würdigen machte sich die alte Frau auf den Weg zur Türe und verschwand. Den Clown schien sie heimlisch in ihrer Tasche gesteckt zu haben, denn Frank und Silvia erhielten nie wieder mysteriöse Nachrichten eines Clowns.

Cinnamon braucht Hilfe

1. Kapitel
Meine Eltern sind total glücklich, dass sie das neue Haus gefunden hatten. Es war klein, verwinkelt und teilweise ziemlich baufällig.
Ich selbst war darüber nicht so glücklich, denn wir mussten von Cincinnati nach Minneapolis umziehen. Ich musste meine Freunde verlassen und für was?   Für unser eigenes Haus!
Missmutig starrte ich aus dem Fenster. Ganz davon zu schweigen, dass ich auch die Schule wechseln musste. Meine Schwester Kitty dagegen war ganz aus dem Häuschen. Seit Stunden redete sie unaufhörlich.
Endlich fuhren wir die neue Auffahrt des Hauses hoch. Meine Eltern stiegen lächelnd aus. Sie standen vor dem Haus ihrer Träume.
Mein Vater war ein erfolgreicher Chirurg gewesen und wollte hier seine Biographie schreiben.
Meine Mutter wollte endlich ganz Hausfrau sein, in Cincinnati war sie Journalistin einer kleinen Zeitung gewesen. Bedeutete wohl, dass sie uns von nun an bemuttern würde.
Kitty sprang aus dem Auto und lief gleich hinter das Haus. Unsere Eltern erzählten uns während der Autofahrt das ein kleiner Garten hinter dem Haus lag und an diesem sich ein Wald mit alten knorrigen Bäumen anschloss.
Ich stieg langsam aus dem Auto und schaute mir das Haus an. Es war sehr klein und hatte zwei Etagen sowie Keller und Dachboden. Ich ging mit meinen Eltern hinein. Im Erdgeschoss gab es eine sehr große Küche, einen Wohnraum sowie ein Gäste-WC. Im Obergeschoss lagen die Schlafzimmer. Es gab vier zur Auswahl. Mein Zimmer war relativ groß und ich hatte Ausblick auf den Garten und auf den Wald. Ich lehnte mich aus dem Fenster und hielt Ausblick nach Kitty. Sie schaukelte und unterhielt sich mit jemanden den ich von hieraus jedoch nicht sehen konnte. Wenigstens hatte sie jemanden zum spielen gefunden. Ich schaute mich in meinem Zimmer um. Es war größer als mein altes und hier konnte ich auch meine Musik lauter abspielen. Die nächsten Nachbarn wohnten über eine Meile entfernt.
Ich sollte mich erst einmal vorstellen. Mein Name ist Robert, doch von meiner Familie und Freunden werde ich Bobby genannt. Ich bin 17 Jahre alt, 1,85 m groß, habe braune Haare und grüne Augen.
Ich gehe runter in den Garten zu Kitty. Sie schaukelt immer noch und unterhält sich scheinst sehr angeregt. Ich gehe auf sie zu und frage mich, mit wem sie sich da unterhält - zu sehen ist niemand. "Hallo Kitty, mit wem quatschst Du eigentlich?! frage ich. Kitty sieht mich lächelnd mit blitzenden grünen Augen an. "Das ist meine neue Freundin. Darf ich sie dir vorstellen? Sie heißt Cinnamon und wohnt in dieser kleinen Hütte dort." Sie zeigt mit dem Zeigefinger hinter sich zum Wald. Ich sehe jedoch weder eine Hütte noch sonst wer. "Und wo ist Cinnamon gerade, ich sehe sie nicht." "Du Dummerchen, sie sitzt doch neben mir", sagt Kitty.
Entweder habe ich oder Kitty Halluzinationen. Ich sehe niemanden. Mir fällt nur auf, dass die Sonne in diesem Teil des Gartens nicht scheint und es dadurch ziemlich kalt ist. "Ich werde mir ein wenig die Beine vertreten", rufe ich Kitty zu und gehe Richtung Wald.
Es scheint ein alter Wald zu sein mit knorrigen Bäumen. Ich lege den Kopf in den Nacken und schaue nach oben. Die Zweige bilden ein grünes Dach das die Sonne kaum durchlässt. Natürlich laufe ich in dieser Haltung gegen einen Baum.  Na toll, denke ich. Nun habe ich auch noch eine Beule. Ich lass mich auf einer kleinen Lichtung auf den Boden fallen, und schaue mich um. Hier fließt ein kleiner Bach und einige Meter weiter steht eine kleine Holzhütte.
Das muss die Hütte sein wo diese Cinnamon wohnt, denke ich. Cinnamon - was für ein komischer Name. Wer heißt schon wie ein Gewürz?
Ich gehe auf die Hütte zu. Es ist ein kleines Holzhaus, das ziemlich baufällig ist. Die Fenster sind teilweise mit Brettern vernagelt und das Dach ist an vielen Stellen kaputt.
Trotzdem wohnt jemand in dieser Hütte. Ein alter Mann sitzt auf einer Bank davor und raucht eine Pfeife. Ich grüsse ihn freundlich, aber er scheint mich nicht gehört zu haben. Der alte Mann schaut durch mich hindurch, als ob ich ein Geist wäre. Ich grüsse nochmals lauter. Da schaut er ärgerlich zu mir hoch und schnauzt mich an: "Was willst du hier? Ich will meine Ruhe haben. Lasst mich endlich in Ruhe!"
Kopfschüttelnd wende ich mich ab. Man könnte meinen ich hätte ein Staatsverbrechen verübt. Tolle Gegend. Am liebsten würde ich wieder umkehren und nach Cincinnati zurück fahren. Warum haben mich Eltern hierher geschleift?
2. Kapitel
Vogelgezwitscher und Sonnenschein wecken mich auf. Ich schaue auf die Uhr. Meine Güte habe ich lange geschlafen. Es ist schon 11.00 Uhr. Ich gehe ins Bad und ziehe mich an. Ich schnuppere, es riecht nach Kaffee und Eier mit Speck. Pfeifend gehe ich nach unten in die Küche. Mom brutzelt am Herd und Dad sitzt am Tisch und liest Zeitung.
„Guten Morgen, mein Schatz“ sagt sie ohne sich umzudrehen. „Setz dich hin, und ess was. Die Pfannkuchen sind gleich fertig!“ „Mom, du weißt ganz genau das ich Pfannkuchen nicht leiden kann“, nörgele ich und setz mich hin. „Wo ist eigentlich Kitty?“ Ohne die Zeitung weg zu legen klärt mein Dad auf: „Deine Schwester ist draußen im Garten mit ihrer neuen Freundin. Hast du sie eigentlich schon kennen gelernt? Sie redet nur von ihr – Cinnamon hier, Cinnamon dort. Scheint ja ein nettes Mädchen zu sein. Ich wünschte nur, dass du auch Freunde hier findest. Ich weiß noch ganz genau wie du dich gesträubt hast hierher zu kommen. Aber du wirst bald merken, dass es das Beste war, was uns passieren konnte. Deine Mom und ich sind jedenfalls sehr glücklich hier. Weg von dem ganzen Trubel zu kommen.“
„Na klasse“, meine ich dazu nur. „Ihr findet die Ruhe vielleicht ganz toll, aber ich bin noch zu jung für das hier. Ich will was erleben, das einzige was ich hier jedoch erleben kann ist wie Hase und Fuchs sich hier gute Nacht sagen.“   „Na, ich bin mir ziemlich sicher das auch du hier was finden wirst. Ein paar Meilen von hier liegt Minneapolis. Dort gibt es ein Kino, ein Einkaufscentre und vieles mehr. Es ist vielleicht nicht Cincinnati aber es ist auch nicht das Ende der Welt. Ich mache dir einen Vorschlag – heute Nachmittag fahren wir gemeinsam in die Stadt. So, und nun werde ich mich an mein Buch machen“. Und mit diesen Worten geht mein Dad aus dem Zimmer.
Seufzend schiebe ich meinen Stuhl zurück und gehe in den Garten. Ich sehe Kitty zusammen mit einem kleinen Hund. Ich laufe zu ihr rüber. „Kitty wo kommt der Hund her?“, frage ich sie. „Das ist Riddl, er gehört zu Cinnamon. Er ist süß, nicht wahr? Sie sagt ich soll auf ihn aufpassen, sie wohnt bei einem alten Mann und sie hat Angst das dieser den Hund schlägt.“
„Warum sollte der alte Mann das tun?“, frage ich.  „Ich weiß es nicht. Cinnamon erzählte mir, das er ein verbitterter alter Mann sei. Er sitzt tagein tagaus auf der Bank vor dem Haus und starrt durch die Gegend. Cinnamon hat Angst vor ihm.“ Kitty fängt an zu weinen. Betroffen schaue ich sie an: „Warum weinst du?“ „Es ist weil Cinnamon mir Leid tut, sie sagt ich wäre ihre einzigste Freundin. Sie hat sonst niemanden. Und uns geht es so gut, wir haben Mom und Dad. Von ihrer Familie lebt keiner mehr“.
Kitty läuft weinend ins Haus. Ich schaue mich um, doch von dem Hund ist nirgends wo was zu sehen.
3. Kapitel
Also so schlecht sieht es hier auch wieder nicht aus, muss ich zugeben. Okay, das Kino ist auch nicht mehr gerade das neueste, aber besser als gar nichts. Meine Eltern sind mit Kitty einkaufen gegangen. Ich schaue mir lieber die Gegend ein wenig an. Momentan sitze ich in einem Café und trinke einen Milchshake. Dabei beobachte ich die Leute um mich herum. Dabei fällt mir ein Mädchen an einem Nachbartisch auf. Sie hat lange rote Locken und eine Stupsnase. Da sie meine Blicke bemerkt hat, dreht sie sich zu mir um. Grosse blaue Augen schauen mich fragend an. „Habe ich irgendetwas an mir oder warum starrst du mich so an?“, fragt sie. Ich werde knallrot im Gesicht und stottere eine Entschuldigung. „Du bist neu hier, ich habe dich noch nie hier gesehen. Sorry, ich sollte mich vielleicht erst einmal vorstellen. Mein Name ist Rachel. Wie heißt du?! Mit diesen Worten setzt sie sich zu mir an den Tisch.
“Ich heiße Bobby und bin mit meiner Familie gestern hierher gekommen. Wir wohnen in dem kleinen Haus am Wald.“ „Das McWhirter Haus?“, fragt Rachel mich entgeistert. „Ich denke schon – was ist denn so schreckliches an dem Haus?“ „Nun ja, wenn man bedenkt was die Leute sich darüber so erzählen scheint sich dort vor vielen Jahren ein Familiendrama abgespielt zu haben. Genaueres kann ich dir darüber nicht erzählen.“ „Wie wäre es wen wir zusammen essen gehen und du erzählst mir was du weist?“ frage ich sie.
„Gut okay, hier gleich um die Ecke gibt es eine Pizzeria – dort gibt es die besten Pizzen im ganzen Land. Meine Meinung jedenfalls.“
Schnell bezahle ich unsere Getränke.
Wir sitzen an einem Tisch und studieren die Karte. Im Vergleich zur Pizzeria war die Menükarte ziemlich groß. Es gab alle möglichen Pizzen, außerdem diverse Pasta sowie Fleisch- und Fischgerichte. Die Pizzeria selbst war klein und gemütlich. An den Wänden hängen Filmplakate und ausgestopfte Tierköpfe. Also wie eine typische Pizzeria sah es hier nicht aus. Aber wenn man dem schönsten Mädchen der Welt gegenüber sitzt, ist das sowieso alles nebensächlich. Wir quatschen über alles Mögliche. Unsere Hobbies, die Schule und über das McWhirter Haus.
4. Kapitel
Vor vielen, vielen Jahren lebte die Familie McWhirter in diesem Haus. Mutter, Vater und zwei Kinder: Christian und Cinnamon. Sie waren Zwillinge. Christian war stark und vorlaut. Cinnamon war für ihr Alter ziemlich naiv und Christian band ihr immer irgendeinen Bären auf. Er liebte seine Schwester sehr, aber es machte ihm auch Spaß sie zu ärgern.
Die Zwillinge waren zu dem Zeitpunkt des Unglücks zehn Jahre alt. Während Cinnamon jedoch lieber im Garten schaukelte oder mit ihrem Hund Riddl spielte, verbrachte Christian lieber seine Zeit im Wald. Dort baute er sich eine Baumhütte und spielte Herrscher über dem Wald. Doch dies wurde ihm irgendwann langweilig und er lockte Cinnamon zu seiner Baumhütte. Er erzählte ihr, dass in dem Baum Elfen wohnen würden und mit ihr spielen wollten.
Cinnamon hatte Angst vor hohen Bäumen aber Elfen wollte sie sich nicht entgehen lassen. Sie glaubte ihrem Bruder alles was er ihr erzählte. Das die Elfen mit ihr tanzen und lachen wollten. Sie ging mit ihrem Bruder in den Wald.
Die Kinder kletterten in die Baumhütte hoch. Doch für zwei Kinder war der Boden der Hütte nicht stabil genug und das Mädchen brach durch. Christian versuchte verzweifelt seine Schwester fest zu halten, doch sie rutschte ab und fiel mit ungeheuerer Wucht auf den Boden. Cinnamon überlebte den Sturz nicht. Riddl der an der Stelle lag, wo Cinnamon hinabstürzte – war auf der Stelle tot.
Christian kletterte den Baum hinab und setzte sich bleich und unter schock stehend neben seine Schwester.
Viele Stunden später fanden die Eltern der Zwillinge ihre Kinder in diesem Zustand. Sie gaben Christian die Schuld an allem und wanden sich von ihm ab. Mit der Zeit wurde aus dem kleinen Christian ein verbitterter alter Mann der sich in der Nähe der Unglücksstelle niederließ.
Man erzählt sich, dass man hin und wieder ein kleines Mädchen mit ihrem Hund in der Nähe des McWhirter Hauses sieht. Sie scheint irgendetwas oder irgendjemanden zu suchen.
Nun war mir alles klar, Cinnamon irrte immer noch hier herum. Warum? Konnte sie nicht ins Jenseits? Wollte sie dass ihr Bruder mit ihr ging – als Wiedergutmachung?
Fragen über Fragen, doch wer konnte sie mir beantworten?
5. Kapitel
Ich lud Rachel für Samstag ins Kino ein. Nur schwer konnte ich mich von ihr trennen, sie gefiel mir immer besser.
Endlich fand ich es toll in dieser Stadt zu leben.
Bis auf den Punkt das wir unser Haus mit einem kleinem Mädchen teilten, das auf der Such nach irgendetwas war.
Meine Eltern und Kitty waren mit ihren Einkäufen fertig und wir fuhren alle gemeinsam nach Hause. Abends ging ich zu Kitty ins Zimmer. Ich erzählte ihr warum Cinnamon bei uns war. Gemeinsam überlegten wir, wie wir Cinnamon zu ihrem Frieden verhelfen konnten.
Dann war der alte Mann also ihr Bruder? Cinnamon war an dieses Haus gebunden – dadurch gefangen das ihr Bruder selbst keinen Frieden fand.
Wie konnten wir es schaffen, das Christian hierher kam, oder das er seinen Frieden fand, indem er endlich mit der Vergangenheit abschloss – damit Cinnamon ihre Ruhe fand?
Ich machte mit Kitty aus, das wir am nächsten den alten Mann besuchen würden.
Die Sonne schien und es war ein sehr schöner warmer Tag. Kitty und ich machten uns fertig für unseren Spaziergang. Bis zum Waldrand spürte ich dass wir von zwei Wesen begleitet wurden. Ich spürte jedoch mehr Hoffnung als Angst. Nach kurzem Fußmarsch erreichten wir die Hütte.
Der alte Mann saß wieder davor und grummelte vor sich hin. Kitty lief auf ihn zu und begrüßte ihn. Jedoch schnauzte er sie böse an: „Geh weg von mir – lass mich in Ruhe!“ Doch Kitty ließ sich nicht von ihm einschüchtern. Sie erzählte ihm von Cinnamon, das sie bei uns zuhause war und keinen Frieden finden konnte.
Der alte Mann schaute Kitty an: „Wie soll ich meiner Schwester helfen? Ich war derjenige der sie in den Tod stürzen ließ. Alle hatten mich danach gemieden. Ich sollte auf diese Weise für ihren Tod büssen. Habe ich nicht genug gebüßt? Was soll ich denn noch machen?“
„Es war ein Unfall damals – sie müssen sich selbst verzeihen. Erst dadurch finden Cinnamon und Riddl ihren Frieden. Lassen sie die beiden endlich los. Kommen Sie mit zum Haus, dort warten beide auf sie. Sprechen sie mit ihrer Schwester“, sagte ich.
Wir kamen zu dritt an die Schaukel – ich sah ein kleines Mädchen mit einem Hund bei sich. Sie lachte und freute sich als sie ihren Bruder sah. Mit Tränen in den Augen ging Christian auf das Mädchen zu.
Kitty und ich ließen die beiden alleine. Dies war nicht für unsere Augen und Ohren bestimmt.
Mit einem Seufzer der Erleichterung kam Christian auf uns zu. Er sah aus, als war eine große Last von seinen Schultern genommen worden. Lächelnd sagte er uns, dass nun alles vorbei sei. Er würde mit seiner Schwester und dem Hund gehen. Er dankte uns aus vollstem Herzen und verschwand im Wald.
Wir haben Christian, Cinnamon und Riddl nie wieder gesehen. Nur hin und wieder hörten wir ein Lachen und Hundegebell im Garten.
Samstag Abend werde ich mit Rachel ins Kino gehen. Inzwischen haben wir stundenlang miteinander telefoniert. Rachel hat einen kleinen Bruder namens Benji. Die beiden besuchen uns am Samstag Mittag. Ich bin total happy dass wir hierher gezogen sind.