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Wahre Geschichten

WAHRE GESCHICHTEN

Behindert


Ich betrete zum ersten Male in meinem Leben eine solche Schule. Es ist eine Schule für körperlich und geistig wie auch für körperlich/geistig behinderte Kinder und Jugendliche. Nein, es ist kein Heim. Diese jungen Menschen leben in ihren Familien, erfahren zusätzlich auch zuhause die erforderliche Betreuung rund um die Uhr.

Es ist der "Tag der offenen Tür" , den ich nutze, um einen Einblick in den späteren Beruf meiner Tochter zu bekommen, die nach ihrem Abitur nicht studieren, sondern
Heilerziehungspflegerin werden möchte. Es ist ihr Traumberuf. Ich beobachte sie im Umgang mit den teils schwerkranken Kindern. Ihr Gesicht leuchtet, sobald eines der Kinder sie anspricht. Ich erinnere mich daran, dass sie mir gesagt hat, wie glücklich sie das macht, wenn sie sie lächeln sehe, wie süß diese Kinder ihre Dankbarkeit für jede Kleinigkeit zeigen. Manche können sich nicht artikulieren, drücken vielleicht nur ihre Hand oder sehen sie lieb an. Diese Blicke gehen tief ins Herz.

Heute ist es mir möglich, den Alltag Behinderter ein wenig kennenzulernen. Ihre Welt fasziniert mich und ich komme aus dem Staunen nicht mehr heraus, zu welchen Leistungen sie fähig sind. Als gesunder Mensch schätzt man da vieles völlig falsch ein.

Ich besichtige die verschiedendsten Therapieräume wie Sprachtherapie, Motorik- und Musiktherapie. Die letztere hilft in besonderem Maße den Kindern, die enteder autistisch sind oder ansonsten kaum die fähigkeit haben, sich mitzuteilen. Über Klänge bauen die Betreuer eine zwischenmenschliche Beziehung zu ihren Schützlingen auf.

Auch ein kleines Schwimmbad gehört zu dier Schule.
Hier mache ich die Erfahrung, wie sehr selbst die Schwerstkranken den Aufenthalt im Wasser geniessen. Vorischtig und langsam werden sie quer durchs Becken getragen. Manche geben freudige Laute von sich, andere strahlen übers ganze Gesicht.

Natürlich besuchen wir auch die Stände mit den selbstgefertigten Werken der Kinder, die sie entweder sogar ganz allein oder auch mit Hilfe ihrer Lehrer geschaffen haben. Es sind Bastel- und Malarbeiten.

Mich beeindrucken sehr die Arbeiten einer jungen malerin, die im Rollstuhl vor ihrem Tisch sitzt. an der Wand dahinter hängen ein paar ihrer Gemölde. Es isnd wunderbare Farbkompositionen, die ich lange fasziniert betrachte. Auf dem Tisch liegen noch zusätzliche Arbeiten ohne Rahmen. Da entdecke ich eine Broschüre, in der ich nachlese, dass diese junge Künstlerin schon mehrmals öffentlich ausgestellt hat.

Das interessiert mich sehr und wir kommen ins Gespräch. Deutlich zeige ich ihr meine Begeisterung. Leider spricht sie nur sehr schwer, aber zwischen uns ist es Sympathie auf den ersten Blick. Ich merke ihr an, wie sehr sie sich über meine Worte freut. Das nimmt mir die letzte Hemmung und ich setze hinzu: "Ich kann leider gar nicht malen. ich könnte es so gern!" Sie strahlt mich an. "Und ich auch nicht!", verrät meine Tochter dem jungen Mädchen. Es tut diesem sichtlich gut, es tut uns gut... dieses kurze herzliche Gespräch.

Überhaupt verwischt der Schock der ersten Minutein beim Anblick des Elendes zusehends. Im Gegenteil fühle ich mich ausgesprochen wohl. Keines dieser Kinder sieht traurig oder verzweifelt aus. Stattdessen sehe ich in fröhliche Augen und vernehme helles Lachen. Auch ihre Betreuer und Lehrer machen auf mich einen lebensfrohen Eindruck. Wie anders aber wäre auch all dies zu ertragen?

Ja, es ist besondere Herzlichkeit, die zwischenmenschliche Wärme, die in diesem Hause überall zu spüren ist, die dem Leid seinen Schrecken nimmt und es uns Gesunden möglich macht, ein unbefangenes Verhältnis zu den Behinderten aufzubauen.

Nach einer Stunde verlassen wir die Schule. Auf dem Heimweg allerdings ist mir ganz eigenartig. Es zeigt aber, unter welch einer inneren Anspannung ich  die ganze Zeit gestanden habe. Ich sage zu meiner Tochter: "Weisst du, es ist mir, als ob ich eine andere, besondere Welt betreten habe, in der das Wissen um die Krankheiten dieser Kinder der tollen Atmpsphäre wegen in den Hintergrund tritt. Doch nun, zurück in dem "gesunden" Alltag, kehrt das Erschrecken wieder." Sie lächelt und versteht mich.

Doch etwas hat dieser Besuch in der Behindertenschule in mir bewirkt, wofür ich dankbar bin: Ich werde in Erinnerung an diesen Tag noch unbefangener mit behinderten Menschen umgehen können als bisher.

Die Wahrheit schlimmer als Lüge

Jahre gab ich in meiner Ehe all meine Liebe. Ich kämpfte für ein intaktes Familienleben,
ich kämpfte um die Liebe eines Mannes, der mir mehr mit Kälte als mit Gefühlen ent-
gegen kam. Jahr für Jahr flehte ich, bitte nehme mich doch in den Arm. Rede mit mir
über alles schöne und schlechte. Erzähle mir: Wie war Dein Tag? Wie geht es Dir?

Und plötzlich nach 18 Jahren fühlte ich mich so leer, so ausgenommen – ich konnte
diese Kälte, dieses Schweigen nicht mehr ertragen. Eine tiefe Depression fesselte mich.
Mein Herz ist nun gebrochen, aber ich kämpfte, lief weiter mit dem Kopf gegen die
Wand und tue es immer noch.

Und doch suchte auch ich nach einem Lichtblick, die Hoffnung geliebt zu werden,
hatte ich nicht aufgegeben. Und als ich sie fand, konnte ich nicht mehr fühlen.
Ich fühlte mich als Ehebrecherin, als Sünderin, mein Herz konnte sich nicht mehr
öffnen, meine Gefühle verstummten. Ich stellte mein ganzes Leben in Frage, konnte
nachts nicht mehr schlafen, konnte manchmal nichts mehr essen, ich konnte sogar
nichts mehr fühlen. Der Betrug brachte mich fast um den Verstand, meine Seele
fand keine Ruhe mehr.

Irgendwo wusste ich schon dass er mich liebt mich, aber was war das wohl
für eine Liebe??? Ich wusste, so konnte ich nicht weiterleben. Fühlte ich mich
auch ungeliebt von ihm, fühlte ich mich trotzdem verpflichtet ihm die Wahrheit
zu sagen. Die Wahrheit über eine Frau, deren Herz so gebrochen war, dass sie
nach Liebe und Zuneigung bei einem anderen Mann suchte. Ja dachte ich, so
kann ich leben, aber mein Leben wurde von Tag zu Tag unerträglicher……..

Obwohl ich weiß, dass ich als Kind sexuell misshandelt wurde und dass ich
Praktik vollziehe, die nicht der Normalität entspricht, ich an Depressionen
litt und ich mich völlig für meinen Mann hingegeben habe, will ich das alles
nicht in einem dunklen Licht sehen.

Mit einer Nebenbeziehung bin ich nicht fertig geworden. Jetzt habe ich die
Wahrheit gesagt und mit dieser kann ich auch noch nicht fertig werden. Ich
habe meinen Mann zutiefst verletzt, habe ihn begleitet in den schwersten
Stunden unserer Ehe und immer noch fühle ich mich schlecht. Es verfolgt
mich immer noch die Angst. Die Angst und der Schmerz lassen mich nicht
los. Vielleicht brauche ich noch ein paar Tage, Wochen, Monate. Ich weiß
es nicht, aber den Glauben an der Wahrheit habe ich aufgegeben.

Ich war wahrscheinlich zu ehrlich. Ja, aus seiner Sicht habe ich ihn natürlich
betrogen. Aber es war eine Flucht aus einem verzweifelten Kampf um Liebe,
um ein offenes Ohr. Im Rückblick sehe auch ich ihn als meinen Peiniger, aber
ich habe es zugelassen, ich bin ihm nicht böse. Schon lange habe ich den Hass
gegen ihn aufgegeben, es ist nur noch Ohnmacht, die mein Leben beschreibt.

Am Tag der Wahrheit konnte ich mein Herz wieder fühlen, ich fühlte mich
unendlich schuldig. Was habe ich da getan, ich habe die Wahrheit gesagt. Die
Tage der Trauer begleiten uns, der Schmerz ist tief….. Die Zeit wird die
Wunden heilen, aber die Zeit kann so unendlich sein. Ich habe Angst um ihn
gehabt. Die Angst ist so unerträglich gewesen, dass ich mir am liebsten das Leben
genommen hätte. Aber da sind noch unsere beiden Kinder, die konnte ich doch
nicht alleine lassen und da ist doch mein Mann, der mich jetzt braucht. Also ging
ich mit ihm durch die Hölle. Ich schrieb ihm in meiner tiefsten Trauer um ihn
einen Brief:

Angst Angst Angst

Ich bin aufgestanden aus Sorge um dich. Du lagst ruhig dort auf dem Boden, vier
Kerzen brannten. Ich habe sie gelöscht, es sah für mich aus wie meine Beerdigung.
Aber mein erster Gedanke, und dieser war unerträglich: Er ist tot, nein, nein, nein.
Dieser Anblich riss mir das Herz aus der Seele. Ich war so machtlos. Ich dachte:
Noch lebe ich, ich bin nicht tot. Auch ich bin zu tiefst gekränkt, auch ich finde
keine Ruhe mehr, wir sind so rastlos. Hätte ich gewusst, dass die Wahrheit so
etwas schreckliches ist, hätte ich gewusst, dass es sinnlos ist an sie zu glauben,
hätte ich uns diese Wahrheit erspart.

Ich kann diese Trauer nicht mehr ertragen, würde dich gerne erlösen. Soll
ich uns noch etwas Zeit geben? Ich habe im Moment den Glauben an die
Menschheit verloren, aber ich glaube, ich glaube, dass die Zeit mir den
Glauben zurückbringt, auch wenn im Moment nur schwarze Wolken zu
sehen sind.“

In meinem Leben gibt es jetzt fünf Bilder, doch das Bild von jetzt, tut mir am meisten
weh. Dann sehe ich ein Bild über Missbrauch, ich werde nie darüber reden können,
dann kommt das Bild, dass mir sagt, das ist eine kranke Praktik, dann kommt die
verschlossene Tür und dann kommt das 5jährige Mädchen, dass ihm Keller sexuell
misshandelt wurde und den Mund halten musste.

Aber ich muss leben, leben für einen Glauben, der sich Menschheit nennt. Ich
werde versuchen wieder zu glauben und zu hoffen. Und möchte beide um
Verzeihung bitten, ich habe beide verletzt und mich doppelt.

Die Zeit heilt alle Wunden, ich habe die Zeit noch nicht gefunden………

Ich muß raus aus diesem Irrgarten, der sich Leben nennt. Ich muss zu mir
zurück.